Auch das war die Weihnachtszeit

Auch das war die Weihnachtszeit
Wenn ich an meine Kindheit zurück denke, war sie voller Liebe und Geborgenheit.
Ich lebte mit meinen Eltern und Geschwistern in einem kleinen Dorf im Schwarzwald.
Hohe Tannen umsäumten es, der Ostwind, der im November einsetzte, erweckte sie zum Leben, ließ ihre mächtigen Häupter die Melodie des Waldes erklingen.
Die meisten Bewohner, die im Dorf lebten, waren Waldbauern!
Sie liebten ihren Wald, ernteten und pflegten ihn mit Bedacht, damit Generationen danach ihr Erbe fortführen konnten.
Es waren einfache Menschen, die sehr gläubig und auch abergläubisch waren.
Wenn draußen der Frost die Natur erstarren ließ, man in der Stube um den wärmenden Ofen saß, eine Kerze brannte, dann begann die Dämmerstundenzeit!
Es brannte immer eine Kerze, Licht war der Feind des Bösen und es wurden gruselige Geschichten erzählt!
Hoch, der Ostwind kommt geritten, in seinem Gefolge der Winter einhergeschritten, bedeckt mit seinem Gewand, das ganze Land.
Frostig und kalt ist es in der Natur geworden, Frau Holle zieht übers Land, in ihrem Gefolge, die Wilden Horden, auch mit Fell bekleidete Dämonen genannt.
Die Alten im Dorf nannten diese Zeit auch die unheimlichen Nächte.
In den heiligen Nächten, die "Zwölften", zwischen den Jahren, ist die Wilde Jagd in der Welt unterwegs, der Blick ins Geister Reich und in die Zukunft steht offen, es sind gefährliche Nächte!
Mit den 12 Rauhnächten sind die Nächte und Tage zwischen Heiligabend und Dreikönige gemeint.
Man dachte an die Zeit, als die Gehöft einsam und verstreut in den Wäldern lagen.
Das Vieh mußte durch den strengen Winter gebracht werden!
Den eisigen Wind, der an den Grundfesten des Hauses rüttelte, gruselige

Gefühle hervorrief, die schützenden Fensterläden fast aus den Angeln hob.
Das Vieh in den Ställen, das Wohnhaus und die Menschen wurden mit Weihrauch beräuchert und gesegnet.
Dies diente zum Schutz und Austreibung der bösen Wintergeister und Dämonen.
Um den Segen der Göttin Hilda, der Frau Hollle zu erlangen, wurde Wacholder als Räucherkraut verwendet.
Jeder fürchtete sich vor der Wilden Jagd, es war eine Horde von Dämonen, Geistern, Toten, Selbstmördern und Wesen, die sich in Irrlichter verwandelten, um die Menschen, die in dieser Zeit unterwegs waren, vom rechten Weg ab zu bringen.
Der Anführer der Wilden Jagd war Wotan!
Wenn sie in den Nächten ihr Unwesen trieben, bestrafen sie die Übermütigen, belohnten die guten und rechtschaffenen Menschen.
In den heiligen Nächten konnten die Tiere sprechen, waren sie von ihrem Besitzer im Jahr schlecht behandelt worden, wurde dieser von der Wilden Jagd bestraft.
Es wurde keine Wäsche gewaschen und aufgehangen, um Unglück vom Haus und den Bewohnern fern zu halten.
Jeder wußte, in dieser Zeit steht das Geisterreich offen und die Verstorbenen hatten Ausgang.
Man hielt die Türen und Fenster fest verschlossen, für die Geister wurden Opfergaben vor die Tür gestellt.
Noch heute wird bei den Alten im Dorf, vieles in dieser Zeit eingehalten.
Es wird keine Wäsche in den Rauhnächten gewaschen, Fenster und Türen bleiben ab der Dämmerung fest verschlossen und sie gehen nicht mehr aus dem Haus.
Vorbei die unheimliche Zeit, urplötzlich öffnen sich die Himmelsschleusen, Schneeflocken vom Himmel fliegen!
Verzaubert werden Baum, Strauch und Hecken, golden gleitet die Sonne übers Land, das Graue, Gruselige, Düstere, Vergangenheit, auch das ist die Weihnachtszeit!

Autor: Dieter Siebald

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